09.07.2025

Alterssignale – Eine Geschichte von Peter Seitz

Der Winter ist die beste Zeit, darüber nachzudenken. Wenn es draußen früh dunkelt, das mäßige Tageslicht nur durch die Zimmerbeleuchtung heller wird, Hundegassigeher schon um 16 Uhr nachmittags die letzte und erst um 9 Uhr früh die erste Runde drehen, (beneidenswerte Blasen müssen die Hunde haben), dann fällt es nicht weiter schwer, das Thema aufzugreifen: 

“Alter ist nur eine Zahl. Man ist so alt wie man sich fühlt. Im Herzen bleibt man immer jung. Die Seele altert nicht. So jung kommen wir nicht mehr zusammen. Wir treffen uns wieder in alter Frische”. Oder noch viel, viel schöner im Stufengedicht von Hermann Hesse: „….blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und kann nicht ewig dauern“. Ach, wie viele Sprüche gibt es hierüber. 

Aber – Tatsachen zählen. Irgendwann stellt man fest: man wird älter. Unmerkliche Dinge schleichen sich ein. Wie im Unterbewusstsein. Ein schleichender Prozess. 

Beispiel: An einem x-beliebigen, normalen Tag, der mit den üblichen Dingen aufwartet und einem zunächst überhaupt kein Kopfzerbrechen bereitet, hat man das unwiderstehliche Verlangen, sich auf dem Sofa auszuruhen. Warum sollte man deswegen ein schlechtes Gewissen bekommen? Ein Leben lang gearbeitet wie ein Schmied, vielleicht war man es sogar – und dann keine Siesta? Wäre ja noch schöner. 

Tut gut. Ein halbes Stündchen, dann wieder auf zu neuen Aktivitäten. So beginnt es. Nach zwei, drei Wiederholungen wird’s zur Gewohnheit, die sich bei nächstem Anlass in Erinnerung bringt. Auch dann, wenn sie gerade im Hörsaal der Uni einem Vortrag beiwohnen. Das Sofa lockt, einladend und mit Kuscheldecke, nimmt dich fürsorglich auf, wie eine warmherzige Mutter. 

Früher reichte zur Regeneration eine Stunde. Jetzt muss man ständig regenerieren. Man kommt zu gar nichts anderem mehr. Ausgeruht ist man höchstens noch an auserwählten Tagen, wo einfach alles stimmen muss: Wetter, Appetit, Bewegung, nicht zu vergessen der Abend, wo man endlich dazu kommt, mit Schatzi alles das zu besprechen und zu erleben, was gut tut.

Positiv dabei ist, dass die Zeit zu mehr Zeit wird. Mehr wie früher, natürlich in Relation zur zusammenschrumpfenden Zukunft. Jedoch, subjektiv hat man nach Jahrzehnten Zeitdruck endlich jede Menge Zeit. Termine können blind gesetzt werden, es sei denn, man erwischt einen Feiertag. Die letzte Runde im Weinlokal, so gegen 0.30 Uhr nachts, lässt sich freudig genießen, schließlich muss man nicht um 06.00 früh aus den Federn. Ist das denn vielleicht nichts? Doch sehr viel sogar. 

Und das Schöne: Niemand – und das ist auch gut so – weiß, wie viel von der Zukunft noch auf einen entfällt. Es ist also eine gewisse, jugendlich gelassene Lockerheit im Umgang mit Alterssignalen angesagt. 

Übrigens, meine Schwiegermutter wird in zwei Wochen 100 und ihre liebste Beschäftigung ist – Pflegeschwestern ärgern. Das hält sie jung. Soll auch gut fürs Hirn sein. 

Peter Seitz ist Nachbar im Quartier und schreibt gerne Geschichten. Diese Geschichte hat er für die Quartierszeitung geschrieben. 

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